Josef Puwaks Beitrag zur rumäniendeutschen Literatur

 

von Udo Peter Wagner


Hermannstadt
Die Rolle eines Volkes in der Geschichte wird u.a. auch an seinen kulturellen Leistungen gemessen, zu denen umbestreibar die Literatur gehört. Die Wirkungsgeschichte stellt die nötigen Differenzierungen her, bei einer synkronischen Untersuchung jedoch sollte man nicht nur die Spitzen bedenken, sondern den Literaturbetrieb in seiner Gesamtheit, denn in den Jahren, als Puwak seine Bücher schrieb, gab es einen solchen bei uns. Wir hatten neben herausragenden Autoren auch mehrere Dutzend Schriftsteller, die gutes Mittelmaß waren, aber in Interdependenz mit den ersteren erst die Literatur jener Jahre ausmachten. Versucht man eine Einordnung Josef Puwaks, so kann man ihn zum einen der Tiererzählung und ihrer Unterart, der Jagdgeschichte zuteilen, die in Rumänien vom Obersten Spieß von Bracciaforte begründet wurde, der Jagdmeister der Hohenzollern war. Die Tradition wurde dann in Siebenbürgen von Emil Witting, Richard Jakobi und Oskar Paulini fortgesetzt. Herausragender Tiererzähler war aber der Banater Otto Alscher, dessen im Rahmen der Reschitzaer Literaturtage ebenfalls schon gedacht wurde. Weit geringene Beachtung hat bisher ein anderer Sohn des Banater Berglandes erhalten, der bislang letzte Vertreter der rumäniendeutschen Tiererzählung, Josef Puwak. Wenn Puwak sich jemals dem Bewußtsein seiner Nachfahren erhalten wird, dann wird er das als Jagd- und Tiererzähler tun, als ein guter und einfühlsamer Beobachter der ab- wechslungsreichen Banater Berglandschaft, die, wie wir gestern hörten, nicht nur ihm Bewunderung abgewonnen hat. Die Literaturgeschichte (wir erlauben es uns, den Autor, obwohl er noch lebt und es hoffentlich noch lange tun wird, schon der Literaturgeschichte zuzuzählen, weil angesichts seines hohen Alters und seines prekären Gesundheitszustandes wohl kein neues Werk mehr erwartet werden kann) ist zur Objektivität verpflichtet, und darum werden wir hier auch den Arbeiterdichter Puwak nennen, der, vergleichbar einem anderen Reschitzaer und Generationskollegen, Anton Breitenhofer, sich Erzählmuster bediente, die unter dem Namen "sozialistischer Realismus" vorübergehend Eingang in die Literatur gefunden haben (in die Literatur, die von autoritären Herrschaftstrukturen getragen und gelenkt wurde) und von der man sich schon in einer fortgeschrittenen Phase marxistischer Ästhetik verabschiedet hatte. Angesichts der Tatsache daß, unseres Wissens, in den letzten 15 Jahren nichts mehr über Puwak geschrieben wurde, und eingedenkt dessen, daß es hier vielleicht noch einige Literaturfreunde gibt, die sich an ihn als "realen" Autor, als physische Person erinnern, wollen wir seine dichterische Biographie in einer sonst vielleicht ungebührlichen Länge aufrollen. Wie Sie sehen werden, ist da nämlich nicht alles eindeutig, er gibt noch einige Leerstellen, die Sie aufgefordert werden, zu komplettieren. Die Unsicherheit beginnt schon bei der Namensschreibung, die manchmal mit "w" und öfters mit "v" erfolgt. Wir versuchen eine persönliche Erklärung: als Puwak relativ hohe Ämter in Bukarest innehatte und in einer Zeit, als ein sich Bekennen zum Deutschtum einer Karierre nicht unbedingt förderlich war, in dieser Zeit verzichtete er wahrscheinlich auf die deutsche Namensschreibung. Wir wollen an dieser Stelle dem Autor für das Curriculum vitae, das er uns trotz seiner geschwächten Gesundheit zugeschickt hat, und der freundlichen vermittelnden Tätigkeit seiner Schwiegertochter, Hildegard Puwak, danken. Den Herrn Horst Schuller - Anger, der uns auf sein Interview aufmerksam machte, und Wolfgang Wittstock, der es uns aus seiner Sammlung zur Verfügung stellte, sei gleichfalls gedankt. Wie Sie bemerken werden, ergänzen sich die Angaben, die der Autor 1984 (im Interview) und vor einigen Monaten gemacht hat (im "Curriculum"). Das Original des "Curriculums" und ein Abzug des Artikels aus der "Karpaten Rundschau" können Ihnen hier zur Einsicht überlassen werden. Es wird Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgehen, daß Puwak in der in diesem Jahr gegebenen Übersicht über sein Leben einiges nicht mehr anführt, was ihm offenbar noch 1984 wichtig erschien. Ist es gesteuerte Stilisierung der eigenen Lebensgeschichte im Hinblick auf die Nachwelt oder ist es der vom Alter und der Reife eingegebene Hang zur Redundanz? Zur Klärung dieser Frage scheint uns eine parallele Präsentierung der beiden Dokumente nötig (als solche sind sie schon im Moment ihrer Entstehung in die Literaturgeschichte eingegangen). Sie bemerken, es wird hier viel von Geschichte gesprochen. Dieser Hang der Sachen wurde schon in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts persifliert, man sagte damals von berufener Seite (Kritik aus den eigenen Reihen schmerzt nicht so stark wie fremde Zurechtweisungen), daß wir Sachsen in dem Moment immer mehr über Geschichte sprachen und
 

schrieben, in dem wir selbst keine mehr produzierten. Wie sie bemerken, ist das Interview in einer bestimmten Rubrik untergebracht1, der eine bestimmte Struktur eigen ist und die darum sich auch durch einen gewissen Normenzwang auf die Dialogpartner, auf die Art der Fragestellung und die zum Teil erwählten Antworten ausgewirkt hat. Puwak gibt da zunächst einige biographische Details seiner Kindheit (der Großvater arbeitete bei den Hochöfen, der Vater als Steuermann im Werk, es gibt also nicht nur auf hoher See einen Steuermann). Auf die sozialkämpferische Seite seiner Erziehung wird eingegangen, das Sich - Bekennen der Familie zu den Bestrebungen der Sozialdemokratie in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts wird angeführt. Auch erste Bildungserlebnisse werden angegeben. Man las, seit 1929 in die sozialdemokratische Jugendorganisation eingetreten, Bücher aus der Bibliothek des von den Arbeitern selbstgebauten Arbeiterheims der Gewerkschaften, es waren zum einen die Klassiker aber auch realkritische (Barbusse, Remarque) oder Arbeiterschriftsteller (Willi Bredel). Der Vater unterstützte die musischen Neigungen seines Sohnes und gab ihm Musikunterricht und Malstunden, schaffte einen Photoapparat an, für einen Arbeitjungen jener Jahre wahrscheinlich nicht der Standart. Der Vater war Gründungsmitglied der Kommunistische Partei Rumäniens (1921). Josef Puwak schildet als Grundwiderspruch, der ihn damals bewegte, den zwischen materialler Not und hoch fliegenden Plänen zur Menschheitsbeglückung. In dem am 14.3.2000 niedergeschriebenen "Curriculum" gibt er zunächst Informationen über seine Kindheit Relief, indem er sie durch detailreiche Angaben ergänzt: Er spricht vom Geburtshaus in Stavilla, umgeben von einem alten Buchenwald, von der Volksschule, der sogenannten "Betonschule", über die Alexander Tietz ein Lied geschrieben habe. Durch den Vater sei er früh mit der Flora und Fauna der Umgebung bekannt geworden, aber auch das Hüttenwerk sei früh in sein Bewußtsein getreten. Während des II. Weltkriegs sei er am Arbeitsplatz mobilisiert gewesen. Er verschweigt dann seine politische Zugehörigkeit und seine Gefängnishaft, was schade ist, weil man erstens die historische Wahrheit nicht verschweigen sollte und zweitens, weil man einem Mann, der für seine Ideale (über deren Richtigkeit oder Falschheit wir hier nicht streiten wollen) ins Gefängnis gegangen ist, unsere Achtung nicht vorenthalten wollen. Über seine Tätigkeit auf Gewerkschaftsebene nach dem II. Weltkrieg bekennt er, daß er durch die leitenden Funktionen, die ihm zugeteilt wurden, "wie ein Baum seines bisherigen Lebens

entwurzelt" worden sei2. Er meint weiter, daß er als "Gegengift gegen Hochofen und Stahlwerk" zu schreiben begonnen habe3. Sein erstes Buch (ohne genaue Angaben) sei über die Gewerkschaftsbewegung in rumänischer Sprache geschrieben worden. 1964 "Auf Bären in den Karpaten", 1968 "Halali" - eine Sammlung von Jagderzählungen aus der Banater und Siebenbürger Bergwelt, 1974 "Bärensagan" - Erzählungen über die Jagd auf Bären- wild. Das Buch erlebte 4 Ausgaben (1989 im Stocker - Verlag, Österreich: "Bären in den Karpaten" oder 1999 "Heitere Jagdgeschichten und Erzählungen über das Leben der Karpatenbären". Interessant scheint uns sein Zusatz zu dem Buch zu sein. Er schreibt nämlich, daß er nur als Zuschauer "gelegentlich" an Jagden teilgenommen habe. Wenn das stimmt, und wir haben keinen Grund, ihm nicht zu glauben, ist das wieder einmal ein Beweis für die Fehlrezepztion eines Schriftstellers für die immer wieder begangene Verwechslung zwischen fiktionaler und realer Ebene, zwischen der Welt "wie sie verwirklich ist" und der Welt des Kunstwerkes. In der Auflistung der Werke folgen "Tigri, die Wildkatze" (1981) = Tiergeschichten für die Jugend, "Der Feuerschlucker" (1985), Erzählungen, die teilweise vorher in der "Neuen Literatur" erschienen waren; "Der Meisterschuß" (1986) - Jagderzählungen aus dem Donaudelta (II. Auflage 1989); 1998 "Erzählungen von kleinen und großen Tieren für kleine und große Kinder". Der Autor fügt noch hinzu, daß er seine Bücher während seiner Tätigkeit beim Außenministerium, vor allem in seinen Jahren als Rentner, niedergeschrieben habe. Puwak ist mit allen seinen Fasern ein Erzähler des Raumes, aus dem er stammt, den er geographisch und historisch genau lokalisiert und dem er prägende Wirkung auch auf die Menschen zumißt: "Die Menschen die Städtchens waren ein aufgeschlossenes, heiteres Völkchen. Aus vielen Ländern Europas waren sie in den letzten zwei Jahrhunderten auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen zugewandert. Gesprächig, lustig, immer für einen Schelmenstreich aufgelegt". ("Der Hase auf dem Baum"). Emil Witting gelangen große Tiermonographien (etwa des Karpatenbären oder des Hirsches), weil er während seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Forstmeister Gelegenheit zu einer eingehenden Beobachtung der Tiere in freier Wildbahn hatte (lange vor Konrad Lorenz). Puwak kann den langen Atem solcher Beschreibungen nicht durchhalten, man bemerkt, daß er eigentlich nur ein Sonntagsjäger ist, ein Stadtmensch, der sich für kurze Zeit in die Natur begibt, für die er aber nichts destoweniger offene Augen und Ohren und Sinne hat, genau wie die von ihm beschriebenen Wildtiere. Er ist nicht,

wie August von Spieß, ein gnadenloser Abknaller, sondern kann sich an der Schönheit der Tiere, deren geballter Kraft, der Anmut seiner Bewegungen, seiner ungebrochenen Natürlichkeit inmitten einer unberührten Landschaft, sei es nun diejenige der Gebirgswälder oder des Donaudeltas, erfreuen. Eine der Stärken Puwaks besteht darin, daß er nicht auf die Richtung der "Tiererzählung" hereinfällt, die sich der Kolportageliteratur nähert und die sich im vorigen Jahrhundert einbürgerte, als infolge der beginnenden Industrialisierung die Menschheit immer mehr von der Natur trennte und in ein verzücktes oder verwerfendes Verhältnis zu ihr geriet. So werden dann auch die Tiere, die man immer weniger durch Begegnung in freier Wildbahn, kennenlernte, nur in ihrer möglichen Nützlichkeit oder Schädlichkeit für den Menschen gesehen und entsprechend in "niedliche" oder grausame Arten getrennt, bzw. Verhaltsweisen der Menschen auf die Tiere projiziert und diese dann ungnädig behandelt, wenn sie sich nicht demgemäß verhielten, weil sie es nicht konnten, da sie allein den Gesetzen der Natur gehorchten. Puwak überträgt keine falschen ethischen Vorstellungen auf die Tierwelt - in ihm herrscht ein perfektes Gleichgewicht. Das Tier ist geborgen in der Natur, wird von ihr getragen, das Gesetz der Auslese herrscht, das wird aber nur feststellend berichtet, es schleicht sich kein falsches Mitleid ein. Der einzige, der dieses Gleichgewicht stören könnte, ist der Mensch - Puwak schrieb, als bei uns diese Probleme noch nicht vorrangig waren, aber seine mahnenden Töne sind doch schon unüberhörbar. Es seien im folgenden einige Bemerkungen zur textinternen Ebene, zur Werkstruktur eingerückt. Von der Erzähltechnik her hängt Puwak in vielen Fällen der literarischen Variante der mündlichen Kommunikationsform, mit allen ihren Vor- und Nachteilen an. Diese Erzählsituation bring es mit sich, daß ein fiktionaler Erzähler eingeschaltet wird, von dem durch einige Indizien (etwa genaue Zeit und Ortsangabe: 30.3.1976, Gierlsau (Bradu) - neben Hermannstadt) der Eindruck erweckt werden soll, er sei identisch mit dem realen Autor, also mit dem Jäger Josef Puwak. In den meisten Erzählungen waltet der sogenannte "auktoriale" Erzähler, es sind die Er - Erzählungen, wo sich also der fiktionale Erzähler im Hintergrund hält, aber selbst in den in Ich - Form vorgetragenen Erzählungen (sie enthalten dann entweder "Selbsterlebtes" oder in typischen Situationen mündlicher Kommunikation - etwa am Lagerfeuer - von anderen Mitgeteiltes), selbst in diesen Erzählungen also kann es nie

zu einer totalen Gleichsetzung zwischen dem Erzähler und dem realen Autor, dem Schriftsteller Puwak, kommen, weil dieser eine dem fiktionalen Erzähler übergeordnete Instanz ist, die das Ganze überschaut und ordnet und es in einer bestimmten Weise strukturiert, eine Begebenheit auf der literarischen Ebene zu neuer Wirklichkeit, jener der Kunst eben, erstehen läßt. Oft bedient sich Puwak tradierter Erzählmunster und transponiert sie in das Tierreich: hübsch, wie sich zwei Jungtiere, Daxi und Wuschl, kennenlernen, zauberhaft, wie ein junger Hund die ihn umgehende Welt nach und nach in sukzessiven Etappen, nach der Art eines Entwicklungsromans, kennenlernt ("Wuschl"). Puwak wendet seine Aufmerksamkeit übrigens, und das unterscheidet ihn von den meisten der rumäniendeutschen Tiererzähler, nicht nur den Waldtieren (und von ihnen den "kapitalen" wie etwa Bär, Wildschwein oder Hirsch) zu, sondern auch den vom Menschen domestizierten (die jedoch, wie auch obige Erzählung zeigt, unter dieser Schicht noch immer freie Wesen einer ungerändigten Natur bleiben und mit ihren Brüdern im Wald "fraternisieren"). Er bezieht in seine Darstellungen, ebenfalls ein Novum, auch Kleintiere, ja sogar Insekten ein, wobei er manchmal festgefügte Textstrukturen in die Erzählungen einbaut z.B. "Die Künstlerin" eine literarische Anspielung auf La Fontaines Fabel von der Grille. Die Fabelstruktur gibt Puwak Gelegenheit, die Welt der Tiere und jener der Menschen in einer Zusammenschau zu verbinden, der Ameisenstaat, mit seinem friedlichen Zusammenleben und Schaffen zum gemeinsamen Wohl, aber auch seiner Bedrohung von außen her wird zum Paradigma für menschliches Zusammenleben; Puwak bestätigt die Resultate der empirischen Forschung, daß nämlich die Welt nur in dem Maße für uns da ist, in dem wir sie wahrnehmen können. Er gibt ein Beispiel: der Mensch kann das Grillengezirpe nicht vollständig wahrnehmen, weil es auf zu hoher Frequenz gesendet wird. Dort, wo die Tierlaute jedoch von uns wahrgenommen werden können, hat er ein waches Ohr dafür, das schwierige Unterfangen, sie in das Zeichenseptem der menschlichen Sprache umzusetzen, ist ihm, unseres Erachtens, in den meisten Fällen gelungen. Der Rabe stößt "grooch"- Laute von sich, der Wanderfalke läßt sein agressives "keck keck" aus den Lüften ertönen, der Eichelhäker sein "kree-kree", der Bär sein unmutiges "uuff-uuff", wenn er den Menschen, der in den Erzählungen Puwaks als Eindringling in die Tierwelt betrachtet wird, in seiner Nähe spürt. Wir wollen uns nun, obwohl solch eine Loslösung etwas

didaktisch ist, der sprachlichen Ebene der Texte zuwenden. Im allgemeinen kann dazu gesagt werden, daß sein Wollen in vielen Fällen hinter dem Können zurückbleibt. Diese Mängel lassen sich zu großen Teilen auf soziokulturelle Bedingtheiten zurückführen, der Bildungsweg des Autors, durch die Zeitlage notgedrungen verkürzt und auf seine humanistische (in klassischen Sinn) Seite hin weitgehend der Konsistenz beraubt, mag eine Erklärung dafür sein. Nur unvollkommen Angelesenes kann zu unfreiwilliger Komik führen, wenn man sich nach durchschlafener Nacht statt aus "Morpheus Armen" um "Orpheus Armen" löst der Gott des Schlafes und der Dichtung haben hier ihre Rollen getauscht (sollte der Autor damit den Todeschlaf unserer Dichtung antizipiert haben wollen?) Es gibt jedoch im Werk Puwaks auch genügend Belege für bewußt eingesetzten und gelungenen Humor. Die Jäger sind Gesellen, die immer für einen Streich gut sind, so wird z.B. einer Katze ein Hasenfall übergebunden und einem Debütanten bei der Jagdgesellschaft für einen Hasen verkauft, und dieser ist erstaunt, als "sein Hase sich auf einen Baum flüchtet", "aufbaumt", wie es in der Jägersprache heißt ("Der Hase auf dem Baum"). Komische Situationen äußen sich in sprachlichen Reaktionen, wenn z.B. ein durch die frühmorgensdruch die Reschitzaer Vorstadt ziehende Jagdgesellschaft aufgeschreckter Biedermann seinem Unmut in den Worten Luft macht "Nicht einmal am Sonntag kann man ruhig seinen Pflichten nachgehen". Ulkige Situationen ergeben sich, wenn Verhaltensweisen der Menschen auf Tiere angewendet werden, das Mäuseliebespaar führt zunächst eine Probeehe und begibt sich zu dem Zweck in die Speisekammer eines Verantwortlichen aus dem Staatshandel. Wir wollen aus der Vielzahl der Beispiele, die wir uns notiert haben, nur einige herausgreifen, jedenfalls lassen sie die Frage nach der Rolle und dem Beitrag der Lektoren und Korrektoren jener Jahre aufkommen und leiten damit zu Fragen betreffend die literarische Produktion im allgemeinen hinüber. Ein Beispiel: "Als wir zur Jagd aufbrachen, durchlöcherten die ersten Sonnenbündel das grüne Laubdach, die Morgensonne ließ die perlenden Tautropfen auf den Gräsern wie Tautropfen aufblitzen". Stilistisch gesehen, zerfällt dieser Satz in zwei Teile: des Wort "durchlöcherten" evoziert nämlich etwas Bedrohliches, das vom zweiten Teil der Aussage nicht eingehalten wird, die eine schöne, harmonische Landschaft darstellt. In anderen Fällen will er nicht zusammenpassende Bild- und Sprachebenen im Vergleich zusammenzwingen, wenn er z.B. ein Element der klassischen Mythenwelt (Hephaistos) mit dem

Mendeljewschen System zusammenbringt (das hätte nur in einer ironischen Darstellung seine Berechtigung). Sehr oft verfällt er in die Umgangssprache, das wären dann, nachdem wir ihre Vorteile weiter oben schon genannt haben, die Nachteile der auf mündliche Kommunikationsstrukturen aufgebauten Texte, denn Ausdrücke wie "kotzen", "abmurksen" oder "schmeißen" kann man dem "geneigten Leser", dem "idealen, implizierten, intendierten Leser", wie er in der Rezeptionsforschung angesprochen wird, wohl kaum zumuten. Weil vorhin die Rede auf die Fachausdrück aus der Jägersprache, die sogenannte Waidmanssprache kam, bei Puwak wird dieser Sprachgebrauch nicht überstrapaziert, man kann sich in den meisten Fällen ohne Worterklärungen nachzulesen ein Bild darüber aus dem Kontext heraus machen. Neben schon vor der Alltagssprache (Standartsprache) aufgenommene Ausdrücke wie "Balg", "Balz" oder "Bracke" traten weniger bekannte wie "Äser" (Maul aller jagdbaren Wiederkäuer), "Basse" (Keiler), "Blutbär" (der sich an frisches Fleisch gewöhnt hat oder "ansprechen" (die Fährte des Wildes). Die den Tieren zugesprochenen Namen beweisen ein gutes Einfühlungsvermögen in die wichtigsten Wesensmerkmale ihrer Träger: Koko - der Kolkrabe, Spitzzahn - der Wildkater, Kuschl - das Eichhörnchen, Graubart - der Dachs. Puwak hat einem sich bei dieser Art von Literatur vielleicht einstellenden Hang zur Metapher zum Glück nicht nachgegeben (bei Emil Witting wirkt der inflationiere Gebrauch dieser Stilfigur störend), neben gelungene, wie z.B. "Schwarzer Ritter" für den Auerhahn oder "See der kosmischen Ruhe" für einen Stausee, treten Stereotypen, wie "bärtige Fichten". Wir möchten diese Arbeit nicht abschließen, ohne einige gelungene Naturbeschreibungen hier anzuführen: "Mit rosigen Fingern entfernten die ersten Sonnenstrahlen den dunklen Vorhang der Nacht. Der Himmel war blau und klar, wie die Flügel der Wasserjungfern. Ein Sonnenanfang bei Franzdorf wird wie folgt beschrieben: "Kaum näherte sich Mutter Sonne mit ihrer langen, roten Schleppe den Berggipfeln von Franzdorf". Unter allen einheimischen Jagdschriftstellern ist Puwak der einzige, der auch die Flora und Fauna der Donau - Ebene in sein Werk aufgenommen hat. Hören wir, wie die Sonne in der Tiefebene untergeht: "Sonnenbündel brennen im Westen ein Loch in die blaugraue Wolkenwand. Feurige Zungen entzünden Himmel, Erde und Wasser. Über dem Schilfmeer züngeln hell die Flammen. Die großen und kleinen Seen

widerspiegeln die warmen Farben von Purpur und Orange..." ("Wenn die Wildgänse ziehen" aus "Der Meisterschuß"). Ich hoffe, Ihnen durch obige Ausführungen einen Schriftsteller vorgestellt oder wieder in Erinnerung gebracht zu haben, der einer unverdienten Vergessenheit anheimzufallen drohte, unverdient deshalb, weil er sich, wie wir zu zeigen bemüht waren einen festgefügten Platz in der rumäniendeutschen Literatur erobert hat, durch seinen bleibenden Beitrag zu dem Zweig, den man Tiergeschichte, Jagdliteratur nennt, und der heute leider weltweit in den Hintergrund gedrängt wird von einer urbanisierten, technikversessenen Menschheit, die ihre Ursprünge vergessen hat und die immer wieder bemerken muß, wie sich die verdrängte Natur an ihr rächt. Über Puwak als Arbeiterschriftsteller werden wir ein anderes Mal sprechen.

1. "Aber damals war ich sicher" - Ideale Weg der Arbeiterklasse - in der Rubrik "Geschafft, gewagt, getan"2. Puwak, Josef "Curriculum" vom 14.03.20003. Puwak, Josef, a.a.O.